A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 22

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Aufmerksamkeit erregte, und dass nur aus einer Ecke zwei Augen, die
einem jungen Mädchen angehörten, höhnisch oder vielleicht bedauernd
auf ihn starrten. Er gab den Blick so hart surück, dass das junge
Mädchen wegsah und mit Beflissenheit durch den Strohhalm ihr Eis-
getränk weiterschlürfte. Robert aber sagte sich, dass er nicht län-
ger bleiben dirfe und rief nach dem Kellner. Ich werde nicht so
dumm sein und ihm sehn Gulden Trinkgeld geben, dachte er. Indess
war die ganze Rechnung schon von August Langer beglichen worden.
Robert bedankte sich mit humoristischer Uebertriebenheit und em-
pfahl sich. In den Teller auf dem Deckel des Pianinos legte er zu
den dort schon gesammelten kleineren Münzen ein goldenes Zehnkro-
nenstück, ärgerte sich sogleich, wagte aber nicht es wieder zurück-
zunehmen. Der Pianist nickte zum Dank und immerfort weiterspielend
sagte er: "Herr Sektionerst sind verreist gewesen? Nun wird man
aber hoffentlich wieder öfters das Vergnügen haben.“ Wie nett doch
die Leute mit mir sind, dachte Robert. Alle: Kahnberg,Langer, der
Klavierspieler,sogar der Komiker im Theater hat mir von der Bühne
her zugenickt. Nur Leinbach ist und bleibt ein unleidlicher Narr.
- Er hasste ihn in diesem Augenblick.
Die Strassen waren beinahe menschenleer. Von einer
Turmuhr schlug es zwei. Ein Glück, dachte er, dass man noch keine
Amtsstunden einzuhalten hatte und sich morgen wird ausschlafen
können. Er ging rasch und sicher, trällerte vor sich hin, endlich
begann er sogar zu singen mit einer schönen dunklen Stimme, die ihm
selber fremd vorkam. Vielleicht ist es gar nicht meine Stimme, dach-
te er, vielleicht bin ich es überhaupt gar nicht selber? Viel leicht
träume ich? Vielleicht ist es mein letzter Frau, den ichstraume,