-39-
Anzahl solsber:
der Vergessenheit
gerue
wie schon die einfache Tatsache ihres Vorhandenseins ihn oft
mit einer hilflosen,mühselig verhehlten,bösen Ungeduld erfüllt
hatte. Doch das Schlimmste für ihn war ihr Klavierspiel gewesen.
Ohne zureichende Begabung,aber mit der ihr eigenen Beharrlichkeit,
hatte sie die Gewohnheit ihrer Mädchenjahre beibehalten täglich
eine Stunde lang zu üben; und ihre Art Moart'sche und Beethoven-
sche Sonaten mit kindischen dicken Fingern herunterzuspielen,
hatte den Gatten, während er nach dem Abendessen rauchend und
lesend im Nebenzimmer sass, manchmal in einen Zustand wahrer Ver-
zweiflung versetzt. Wie oft, wenn aufflammende Begier nach ande-
ren Frauen ihn zu neuen Abenteuern lookte, hatte er sich gegen
Brigittens
den stillen Zwang, den rührende Anhänglichkeit auf ihn ausübte,
vergeblich aufgelehnt; mit welcher Inbrunst hatte er sich nach
seinem pflichtenlosen Junggesellenleben zurückgesehnt; dessen
holde Freiheit er einer swar milden, aber unentrinnbaren Sklaverei
aufgeopfert hatte. Und wenn diese Sehnsucht, diese Ungeduld so
übermächtig in ihm angewachsen war,wie er sie heute,jetst,in un-
trüglicher Erinnerung neu zu empfinden vermeinte, wo war der Be-
weis, dass Unge duld und Sehnsucht nicht in irgend einem Augenblicke
Wille, dass der Wille nicht endlich Tat geworden war? Wo der Be-
weis, dass Brigitte wirklich einen Herzschlag erlegen, das sie
nicht vielmehr an einem tückisch ihr eingegebenen Gift verschie-
den war? Wie er sich ein solches Gift verschafft, wie er es ihr
beigebracht, ob er es ihr abends in einen Trank gemischt,ob er
sie gezwungen hatte es einzuschlürfen - von all dem konnte er
sich freilich heute keine Rechenschaft mehr geben; aber da es
sich zum einmal herausgestellt hatte, dass sein Dasein eine ganze
Anzahl solsber:
der Vergessenheit
gerue
wie schon die einfache Tatsache ihres Vorhandenseins ihn oft
mit einer hilflosen,mühselig verhehlten,bösen Ungeduld erfüllt
hatte. Doch das Schlimmste für ihn war ihr Klavierspiel gewesen.
Ohne zureichende Begabung,aber mit der ihr eigenen Beharrlichkeit,
hatte sie die Gewohnheit ihrer Mädchenjahre beibehalten täglich
eine Stunde lang zu üben; und ihre Art Moart'sche und Beethoven-
sche Sonaten mit kindischen dicken Fingern herunterzuspielen,
hatte den Gatten, während er nach dem Abendessen rauchend und
lesend im Nebenzimmer sass, manchmal in einen Zustand wahrer Ver-
zweiflung versetzt. Wie oft, wenn aufflammende Begier nach ande-
ren Frauen ihn zu neuen Abenteuern lookte, hatte er sich gegen
Brigittens
den stillen Zwang, den rührende Anhänglichkeit auf ihn ausübte,
vergeblich aufgelehnt; mit welcher Inbrunst hatte er sich nach
seinem pflichtenlosen Junggesellenleben zurückgesehnt; dessen
holde Freiheit er einer swar milden, aber unentrinnbaren Sklaverei
aufgeopfert hatte. Und wenn diese Sehnsucht, diese Ungeduld so
übermächtig in ihm angewachsen war,wie er sie heute,jetst,in un-
trüglicher Erinnerung neu zu empfinden vermeinte, wo war der Be-
weis, dass Unge duld und Sehnsucht nicht in irgend einem Augenblicke
Wille, dass der Wille nicht endlich Tat geworden war? Wo der Be-
weis, dass Brigitte wirklich einen Herzschlag erlegen, das sie
nicht vielmehr an einem tückisch ihr eingegebenen Gift verschie-
den war? Wie er sich ein solches Gift verschafft, wie er es ihr
beigebracht, ob er es ihr abends in einen Trank gemischt,ob er
sie gezwungen hatte es einzuschlürfen - von all dem konnte er
sich freilich heute keine Rechenschaft mehr geben; aber da es
sich zum einmal herausgestellt hatte, dass sein Dasein eine ganze