A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 59

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massen im Verblühen sei, keinen Mann gefunden habe.
Der Wagen hielt vor einem Gart entor. Ein Dieneröff-
den, ist le
nete,Otto trat ein,und Robert wandelte in der stillen Gasse zwi-
sehen fast entlaubten Gärten langsam auf und ab. So sehr er sich
dagegen wehren wollte,die Bemerkungen Ottos über die Familie
wirkten in ihm nach. Paula, gestern noch der Inbegriff
seiner neuen Lebenshoffnungen,war ihm sonderbar entrückt; als
er sich ihr Bild ins Gedächtnis zurückzurufen suchte,erschien
es ihm als das einer nicht mehr ganz jungen,fanierten Person,
in unordentlichem Morgenanzug,deren Züge denen der armen Klavier-
lehrerin gleichen; und er spürte einen dumpfen Groll gegen sie in
sich aufsteigen. Er verübelte ihr, dass sie sich um ihren Vater
nicht genug gekümmert hatte, dass sie in einen alten Musiker ver-
liebt gewesen war, dass sie Zigarett an rauchte und besonders,dass
sie vom Semmering abgereist war,ohne ein Wort der Aufklärung für
ihn zurückzulassen. Dabei war er sich völlig klar über das Unge-
rechte,ja Unsinnige all dieser Beschuldigungen,die er sehr wohl
als das erkannte,was sie waren, als Vorwände für das diesmal vor-
seitige Erwachen eines Hasses, das sich in früheren Fällen seinen
Liebesgefühlen immer erst allmählich beigesellt hatte. Was
er jetzt in sich erlebte, war nur ein Beispiel mehr für das unheim-
liche Auf und Nieder seiner Empfindungen,die demselben Menschen
gegenüber von opferbereiter Zärtlichkeit und verschrender Leiden-
schaft bis zur Abneigung, Widerwillen, Grimm, Wut und Todeswünschen
nisu schwanken vermochten. Und wo ist an Ende der Unterschied,
fragte er sich, zwischen einem Todeswunsch und einen Mord? Gedan-
ken vergehen: Taten sind unwiderruflich. Ist das nicht eine Tücke