A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 62

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nannte Zwangsvorstellung zu weiteren Konsequenzen führt, insbeson-
dere ob sie sich in Zwangshandlungen umsetzt oder ob Sie recht-
zeitig korrigiert wird. So lange man in der Lage ist eine seeli-
sche Störung in dem Augenblick abzustellen, wo es bedenklich wäre
ihre logischen Konsequenzen zu ziehen,so lange,du entschuldigst
schon, habe ich keinen rechten Respekt vor ihr. So imponieren mir
auch die Wuranfälle nicht, bei denen die Vernichtungstendens sich
auf leblose oder gar möglichst wohlfeile Gegenstände beschränkt.
Es mag vielleicht etwas ketzerisch klingen, aber für mich steckt
in all den Verrücktheiten - um bei dem populären Ausdruck zu
bleiben - über die der Leidende immer noch eine gewisse Macht
behalt, und die er aus praktischen Rücksichten sozusagen auf - und
niederzuschrauben imstande ist,eine Neigung zur Verspieltheit, zur
Unwahrheit, zur Komödianterei,kurz,ein unanständiges Bestreben
vom wirklichen Ernst des Lebens abzurücken und unbequeme Verant-
wortlichkeiten abzulehnen. Ein solches Bestreben hat ja natürlich,
wenn du willst, auch etwas Krankhaftes, aber mit Wahnsinn hat es
gewiss nicht das Geringste zu tun,
Robert schwieg eine Weile betreten, denn irgendwie be-
rührte sich das, was Otto aussprach, mit dem Gedanken, die ihm selbst
neulich gekommen waren. Dann fragte er: "Und bist du auch sicher,
die Grenze immer best immen zu können?“
"Gewiss bin ich das, sonst hätte ich meinen Beruf
längst aufgegeben."
Also er erinnert sich, dachte Robert,er will mich in
Sicherheit wiegen, indem er mir zu verstehen gibt, dass ich nicht
wahnsinnig bin und daher nichts von ihm zu fürchten habe. Aber