A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 90

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und schwerste Schuld auf sich zu nehmen, um ihn vor einem Leben
im Wahnsinn zu bewahren. Er erbebte. Plötzlich wieder war er sich
der Gefahr bewusst geworden, die ihn bedrohte. Der Brief! Otto
hatte den Brief in Händen, an dem Roberts Schicksal und Leben hing.
Der Brief musste aus der Welt geschafft werden: Dies vor allem.
Es blieb nichts anderes übrig, als ihn dem Bruder abzuschmeicheln, abzu-
sorden.
abzudrohen. Endlich einmal musste er sich mit Otto aussprechen
über den Brief und über vieles andere... Was zwischen innen
sich entsponnen,rätselvoll und tief,vielleicht in früher Kind-
heit schon, dieses Ineinanderspiel von Verstehen und Missverstehen,
von brüderlicher Zärtlichkeit und Fremdheit,von Liebe und Haus,
dries.
es musste endlich zum Ausbruch kommen. Noch war es nicht zu spät
für sie Beide, noch einmal hatte er sein Dasein in eigenen Händen,
noch einmal der Bruder das seine. Nun war für Otto der Augenblick
da sich zu entscheiden zwischen Gesundheit und Krankheit,swischen
Klarheit und Verwirrung, zwischen Leben und Tod. Er für seinen
Teil, er hatte sich entschieden. Sein Geist war klar, seine Seele
gerettet. Nun war auch dem Bruder noch einmal, das letzte Mal,
die Wahl geschenkt.
Als Robert eintrat, blickte Otto von seinem Eintrags-
buch auf, in das er eben Notizen einzuseichnen im Begriffe war.
Robert las in diesem Blick Erstaunen, Missbilligung und ein leich-
tes Erschrecken. Er erschien sich ein wenig wie ein Schüler, der
nicht genügend vorbereitet sich einer bedeutungsvollen Prüfung
untersiehen musste und nun gewungen ist, sich in seinen Antwor-
ten ganz auf die Eingebung des Augenblick zu verlassen. So nahm
er denn einen übertrieben frischen fon an, den er selbst sofort