A240: Arbeiten über Schnitzler, Seite 71

V. P. F.
Porin läänissä Hj.
-2-
da war, diese Jugend, und ihn jemand an seine Prophezeiung erinner-
te, fügte er persimistisch hinzu: "Nun ja, weniger Geist hat sie
ka ja wirklich. Nur die Haltung fehlt...“
Wie Schnitzler als Künstler über die Philosophie dach-
te, mag aus einem kleinen Erlebnis erhellen. Vor zwanzig Jahren
verbrachten wir beide unseren Sommer in Seis am Schlern, einem
reizenden Gebirgsort des damals noch österreichischen Süd-Tirol.
Schnitzler wohnte im "Seiser Hof", ich unweit im Hotel Salegg.
Tag süber arbeitete er, aber gegen Abend durfte ich mich ihm
manchmal auf einem Spaziergang gesellen. Dabei fesselte uns ein-
mal im Vorübergehen ein ländliches Kugelspiel, wie man es in
Tirol und wohl auch anderwärts auf dem Lande spielt. An einer
Holzsäule ist eine Zielscheibe angebracht, die genau wie die
Scheibe eines Schiessstandes einen schwarzen Mittelpunkt und
dann ein paar konzentrische, mit Zahlen versehene Kreise aufweist,
Die Scheibe befand sich jedoch nicht in Augenhöhe wie beim
Scheibenschiessen, sondern ganz nah vom Boden, und vor ihr hing
an einem meterlangen Faden eine hölzerne Kugel von der Grösse
und dem Gewicht einer Kegelkugel herunter, an der eid langer,
spitzer Nagel derart befestigt war, dass, wenn man die Kugel am
gestrafften Faden hob und dann losliess, der Nagel sich in die
hölzerne Scheibe einbohrte und zwar je nach der Geschicklichkeit
des Schützen ins Schwarze oder in einem der Ringe, die es umga-
ben. Schnitzler, den jedes Spiel interessierte - wahrscheinlich,
weil er, wie jeder wahre Künstler, ein Stück Kind war - versuchte
sofort sein Glück. Er hob die Kugel und liess sie eilig los;
der Spitze Nagel fuhr an der hölzernen Scheibe glatt vorbei.